Begegnung mit #Pegida bei facebook
Zugegeben, ich habe mich in den letzten Jahr(-zehnte) immer mehr aus der aktuellen Tagespresse herausgehalten, da ich mich seit Jahrzehnten von den meisten Massenmedien manipuliert fühle. Ein gutes Beispiel für die Manipulation wie ich sie wahrnehme fand ich am 10. Jänner auf der Titelseite beim Standard. Ich bin gespannt wer die journalistische Verfehlung in diesem Satz findet!?
Mein erstes Beschäftigen mit Pegida
Ist doch logisch. Als jemand der nur ein mal in seinem Leben nicht Grün gewählt hat, selber ein halber Inder ist, sich selbst als kritisch denkender Mensch versteht, kann ich nur gegen Ausländerfeindlichkeit sein. So freute es mich auch, dass sogar das deutsche Aussenministerium den folgenden Tweet zu Pegida Gegendemo in Berlin twitterte.
#NoBaergida, because there is no room for xenophobic agitation in #Germany. #nopegida #berlin pic.twitter.com/DEOQMGkIFS
— GermanForeignOffice (@GermanyDiplo) 5. Januar 2015
Aber viel tiefer ging meine erste Beschäftigung nicht, als die auch in mir konditionierten Schubladen zu öffnen und das Thema Pegida dahin zu stecken, wo wir meisten Westdeutschen Pegida hinstecken.
Mein zweites Beschäftigen mit Pegida
Eine Geschäftspartnerin von mir riet Ihrem Netzwerk dazu facebook Freunde, die die Pegida-Seite liken aus Ihren Freundeslisten zu streichen. Selbstverständlich war mein erster Impuls es Ihr nachzutun. Ich klickte den bei watson.ch zur Verfügung gestellten Link und fand vier „Löschkandidaten“. Über zwei der vier war ich nicht wirklich verwundert. Verwundert war ich über die Tatsache, dass meine Emotionen fast hasserfüllt waren.
STOP MiSha, sprich mit Deinen Freunden!
Gott sei Dank hielt mich irgendetwas in mir auf, meinen negativen Gefühlen gegenüber Nazis und Ausländerfeindlichen zu folgen. Ich sammelte mich und begann mit jedem der Vier ein Gespräch per Facebook-Chat, um die Beweggründe des Pegidalikes herauszufinden.
Hallo (Name), magst Du mir mal PEGIDA erklären? Habe gesehen, dass Du deren Seite mit Deinem Like unterstützt. Danke im Voraus. MiSha
Die Welt, die sich mir bei 3 von 4 Pegidalikern eröffnet, war um vieles reicher, als das Beenden einer virtuellen „Facebook-Freundschaft“ jemals hätte werden können. Aber besonders ein Gespräch mit einem ehemaligen DDR-Bürger, der vor der Wende als bekennender evangelischer Christ verfolgt wurde, brachte mich dazu die 19 Punkte der Pegida zu lesen. Ach ja, für die, die mich nicht kennen, ich habe von 1991-2001 in Ostdeutschland gelebt.
Kennst Du die 19 Punkte der Pegida?
Wenn nein, solltest Du sie Dir durchlesen und Dich ehrlich fragen, wie viele der Punkte in unserer Gesellschaft nicht diskutiert werden dürfen!? Bitte nimm Dir die Zeit und lese die 19 Punkte. Echt dramatisch, was dieser kleine Schritt meine vier facebookfreunde nicht vorzuverurteilen bewirkt hat. Ich fand bei den 19 Positionen Inhalte, die unsere alternden Gesellschaften diskutieren müssen und sei es nur um verdrehten Nazis den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie drehen sich darum, wie wir einen gemeinsamen Lebenskonsenz in unseren immer multikulturelleren Gesellschaften finden und kreieren wollen. Oder haben wir so etwas in den letzten Jahrzehnten ausreichend hinbekommen?
Otto Schily sei Dank!
Gott sei Dank gibt es sie noch immer, Menschen wie der ehemalige Verteidiger der R.A.F. und späterem ersten Grünen Innenminister der BRD, der sich im SPIEGEL zu sagen traut, was ich voll unterschreiben kann:
„Natürlich gibt es Probleme mit muslimischen Zuwanderern in Deutschland“, sagte Schily dem SPIEGEL. „Wenn sich in manchen deutschen Stadtteilen Parallelgesellschaften bilden, wenn manche Jungs aus türkischen Familien eine zum Teil frauenfeindliche Machokultur pflegen – dann müssen solche Probleme angesprochen werden.“
Schily forderte die in Deutschland lebenden Muslime auf, sich gegen Fehlentwicklungen zu engagieren, die im Namen der eigenen Religion geschehen.
„Ich würde mir wünschen, dass Muslime in Deutschland aufstehen, um dagegen zu demonstrieren“, sagte Schily, „stattdessen flüchten sie sich gern in eine Opferrolle, wenn man versucht, einen kritischen Dialog zu führen.“
Schily forderte, mit den Pegida-Demonstranten in Dresden das Gespräch zu suchen. Die Politik dürfe nicht sagen,
„mit den Pegida-Leuten reden wir erst gar nicht, das sind Schmuddelkinder“.
Dies sei falsch. Es gebe die Sorge bei den Bürgern, dass sich die kulturellen Koordinaten in Deutschland verschieben würden.
„Dass sich solche Demonstrationen wie in Dresden zusammenfinden, liegt auch daran, dass die Menschen das Gefühl haben, die etablierte Politik ignoriere diese Sorge.“
Mein Wunsch an uns Alle
Es ist nicht zu verleugnen, dass Pegida auch aus Nazis und Rechtsextremen Menschen besteht. Aber lasst uns aufpassen, wenn irgendjemand uns aufruft jemanden auszugrenzen, der anders denkt als Du. Ganz gleich wie wir diese in unserem Wertesystem abgespeichert haben. Sei kritisch und bleib kritisch, auch dann, wenn wir glauben mit unserer Meinung alleine zu sein oder Gefahr laufen in eine Schublade gesteckt zu werden, die es ermöglicht uns auszugrenzen.
Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du. Mahatma Gandhi
Das Ergebnis meiner Nachfragen
- Zwei der Vier sind nun keine Fans der Pegida mehr
- Drei tolle Gespräche, bei denen ich Menschen kennenlernte
- Nur ein Gespräch, dass meine Befürchtungen nährte
Bravissimo, lieber Misha! Nur indem wir uns unter gar keinen Umständen mehr gegeneinander aufhetzen lassen, entrinnen wir dem allgegenwärtigen DIVIDE ET IMPERA und ebnen die Wege zu einem Zusammenleben aller in Frieden und Gerechtigkeit…!